In der aktuellen Corona-Pandemie ist in vielen Unternehmen die Auftragslage so stark zurückgegangen, dass sie ihre Mitarbeiter nicht mehr vollständig auslasten können. Sie haben das Pensum zurückgefahren und die Arbeitszeiten verringert. Die Mitarbeiter befinden sich also in Kurzarbeit. Da die Situation für viele Angestellte ungewohnt ist, kennen sie nicht ihre Rechte und Pflichten, die in diesem Fall gelten. Wie sieht es zum Beispiel mit dem Urlaub aus? Darf man sich ein paar freie Tage zur Erholung gönnen, während man ohnehin bereits weniger arbeitet, als es vorgesehen ist? Ist zu befürchten, dass ein Teil des zustehenden Urlaubs wegen der geringeren Arbeitslast gestrichen wird? Wir liefern im nachfolgenden Text die Antworten auf diese und auf weitere Fragen.
Welche Kurzarbeit-Regeln gelten?
Es ist immer dann von Kurzarbeit die Rede, wenn ein Arbeitnehmer über eine bestimmte Dauer auf Anordnung seines Arbeitgebers nicht die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit erfüllt. Diese liegt in der Regel bei 40 Stunden. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Das bedeutet auch, dass oft einzelne Betriebe oder einzelne Branchen von einem Rückgang des Arbeitsvolumens betroffen sind.
Während einer Kurzarbeitsphase dürfen die Angestellten ihren Anspruch auf Urlaub geltend machen. Dem Prinzip nach dürfte es allerdings keine verfügbaren Urlaubstage mehr geben. Denn ein Arbeitgeber ist zunächst verpflichtet, sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, um eine Reduzierung der Arbeitszeit zu verhindern. Das bedeutet unter anderem, dass er seine Mitarbeiter zunächst in Urlaub schicken sollte, ehe er einen Kurzarbeitsantrag stellen kann. Sind alle zur Verfügung stehenden Instrumente erschöpft und die Lage des Unternehmens hat sich nicht verbessert, kann eine offizielle Arbeitszeitverkürzung beantragt werden. Das örtlich zuständige Arbeitsamt zahlt den Mitarbeitern dann einen Anteil seines Nettogehalts als Kurzarbeitergeld und entlastet den Arbeitgeber damit um die Lohnkosten. In der aktuellen Corona-Pandemie gibt es verschiedene Staffelungen. Das Kurzarbeitergeld beträgt:
- im 1. bis 3. Monat 60 Prozent beziehungsweise 67 Prozent des Nettolohns für Beschäftigte mit mindestens einem Kind.
- ab dem 4. Monat 70 Prozent beziehungsweise 77 Prozent des Nettolohns für Beschäftigte mit mindestens einem Kind.
- ab dem 7. Monat 80 Prozent beziehungsweise 87 Prozent des Nettolohns für Beschäftigte mit mindestens einem Kind.
Gesetzlich ist die Dauer für die Erstattung von Kurzarbeitergeld auf maximal zwölf Monate begrenzt. Wegen der Corona-Pandemie wurde aber eine Ausnahme erlassen. Wurde es bereits 2019 für ein Unternehmen bewilligt, könnte es auf einen Zeitraum von bis zu 21 Monaten ausgedehnt werden. Seit dem 1. Januar 2021 gilt wieder die ursprüngliche maximale Bezugsdauer von zwölf Monaten.
Kann man seinen Urlaub mit ins nächste Jahr mitnehmen?
Die Bundesagentur für Arbeit verzichtete im vergangenen Jahr darauf, Unternehmen eine Urlaubspflicht aufzuerlegen. Die Corona-Pandemie brach so überraschend auf die Welt und damit auch auf die Wirtschaft ein, dass Arbeitgeber nicht den Urlaub ihrer Mitarbeiter abwarten konnten, ehe sie offiziell Kurzarbeitergeld beantragten. Hinzu kam, dass viele Arbeitnehmer ihren Urlaubsanspruch unbedingt zu Beginn der Pandemie wahrnehmen mussten, um sich um die Betreuung ihrer Kinder kümmern zu können. Sie waren somit fast schon gezwungen, ihre Urlaubstage in der Kurzarbeits-Zeit zu verwenden. Weil es in der ersten Phase der Corona-Pandemie viele Unklarheiten gab, für die unter anderem Sonderregelungen verantwortlich waren, war es möglich, den nicht wahrgenommenen Erholungsurlaub ins nächste Jahr zu übertragen.
Welche Urlaubsregelungen gelten im Jahr 2021?
Am 23. Dezember 2020 hat die Bundesagentur für Arbeit die fachliche Weisung gegeben, dass es nach dem Jahreswechsel nicht mehr möglich sein wird, den Urlaub aufzuschieben. Dies heißt im Wesentlichen, dass Arbeitnehmer zunächst wieder ihren Anspruch auf Erholungsurlaub wahrnehmen müssen, ehe ein Kurzarbeitsantrag bewilligt wird. Aber auch für diesen Fall gibt es wieder Ausnahmen. Diese sind unter anderem dann gegeben, wenn die Urlaubsplanung für 2021 in einer Liste, einem Plan oder durch die Terminierung von Betriebsferien dokumentiert ist. Dann können die Mitarbeiter ihren Urlaub wie vereinbart in Anspruch nehmen. Sie können damit nicht von ihrem Arbeitgeber aufgefordert werden, ihre Urlaubsplanung zu verschieben.
Wird der jährliche Urlaubsanspruch während der Corona-Kurzarbeit verkürzt?
Es gibt keine eindeutige Rechtsprechung darüber, ob es zulässig ist, die Anzahl der Urlaubstage zu reduzieren, wenn einem Unternehmen ein Kurzarbeitsantrag bewilligt wurde. Man könnte zwar so argumentieren, dass aufgrund der geringeren Arbeitszeit auch weniger Anspruch auf Erholung besteht. In einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wird sich genau darauf bezogen. Es heißt, dass Kurzarbeiter wie Teilzeitbeschäftigte zu behandeln seien. Ob diese Entscheidung auch mit deutschem Recht zu vereinbaren ist, ist umstritten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht die Voraussetzungen dazu nicht gegeben. Er begründete es im vergangenen Jahr unter anderem damit, dass dies unfair im Vergleich mit denjenigen sei, die ihren Anspruch auf Urlaub bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie wahrgenommen haben. Sie konnten damit von der gesamten Anzahl aller Urlaubstage Gebrauch machen, während ihre Kollegen, die ihren Urlaub später planten, benachteiligt werden.
Zudem wird Kurzarbeit von vielen Arbeitnehmern als belastend empfunden. Schließlich steht ihnen nur ein Teil ihres gewohnten Lohns zur Verfügung. Ebenfalls lässt sich feststellen, dass es eine Zeit der Ungewissheit ist. Schließlich ist möglicherweise der Arbeitsplatz in Gefahr. Außerdem müssen sich in der aktuellen Corona-Pandemie viele Angestellte um die Pflege und Betreuung von Familienangehörigen kümmern. Das Home-Schooling ist somit auch als zusätzliche Arbeit zu verstehen. In der zusätzlich gewonnenen Freizeit ist es schwer, sich zu erholen.
Selbst wenn die vorher genannten Aspekte der stärkeren Belastung einen individuellen Arbeitnehmer nicht betreffen, kann dieser oftmals nicht selbst darüber bestimmen, wie er die zusätzliche Freizeit verbringt. Er muss sich verfügbar halten. Sollte ein Unternehmen beispielsweise spontan einen umfangreichen Auftrag erhalten, kann es ohne weiteres die Kapazitäten wieder hochfahren und die Mitarbeiter verpflichten, den vollen Leistungsumfang zu erbringen. Den Schutz davor bieten lediglich die Urlaubstage, die im Gesetz zum Zweck der Erholung verankert sind.
Wie verhält es sich mit der Urlaubsvergütung?
Während es bei der Rechtsauslegung des Urlaubsanspruchs unterschiedliche Auffassungen gibt, spricht das Gesetz bei der Urlaubsvergütung eine eindeutige Sprache. Es darf während der Kurzarbeitsphase nicht reduziert werden. Das Arbeitsentgelt für den Urlaub ist im jeweiligen Arbeitsvertrag individuell festgehalten. Diesen Wert müssen Arbeitgeber auch während der Corona-Kurzarbeit einhalten. Angestellte erhalten also die Lohnfortzahlung, die ihnen unter normalen Umständen zustehen würde. Zur Berechnung des Urlaubsentgelts wird zwar der durchschnittliche Verdienst aus den vergangenen 13 Wochen herangezogen. Eine Kürzung des Lohns aufgrund des Bezugs von Kurzarbeitergeldes wird allerdings nicht in der Berechnung berücksichtigt.